Die Geschichte ist immer die Summe
vieler Sichten und Erfahrungen, eine objektive Wahrheit gibt es
nicht - aber jedes einzelne Element hilft, ihr näher zu kommen.
Ich gestehe ein, daß ich viele Vorgänge in der Vergangenheit
im Moment ihres Stattfindens nur bedingt durchschaut und in
ihrem Wirken, ihren Auswirkungen erfaßt habe. Wer kann dieses
schon?
Ein solches Schicksal, so denke ich, teile ich, wohl mit den meisten
Menschen. Ob Ost oder West. Erst beim Blick zurück ordnet
sich vieles, nicht alles, zu einem überschaubaren Ganzen.
Theoretische Erkenntnisse werden bestätigt, Vermutungen bekräftigt
oder widerlegt.
Grundkenntnisse meines Lebens und Schlüsselerlebnisse sollen
die Unmittelbarkeit nicht verdrängen, um nicht die historische
Situation zu verfälschen. Dieses ist oft sehr schwer, in die
Bewertung der Vergangenheit fließen immer späteres Wissen,
zu späte Erkenntnis ein.
Alles was man tut, passiert in einer konkreten Situation des eigenen
Lebens, unter konkreten, subjektiven und objektiven Umständen.
Geschichte entwickelt sich aus der Geschichte, sie hat ihre eigene
Moral.
Meine eigene Geschichte muß sich aus ihrem Verlauf, wie
mein Leben aus seinem eigenen Ablauf erklären, nicht aus deren
beider Nachgang.
Sich erinnern bedeutet Schwerstarbeit. Auch der Austausch der
Biographien zwischen Ost und West, so der Bundespräsident
Deutschlands, ist wichtig, um sich gegenseitig besser zu verstehen
sowie für die innere Einheit unseres Vaterlandes.
Die Westdeutschen sollten die Ostdeutschen mit ihrer Geschichte
akzeptieren. „Wem die eigene Geschichte ausradiert wird, der kommt
sich heimatlos vor – mag die Vergangenheit noch so schwer
und zwiespältig gewesen sein, sie ist ein Stück von uns
selbst. “
Sich zu erinnern ist nicht nur Schwerstarbeit,
es gehört auch
zur Würde des Menschen. |